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Digimon Adventure Ω

von

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Folge 8 - Entscheidung

Yasui wusste, dass er nachts eigentlich sein Zimmer nicht mehr verlassen sollte. Doch die Schlaflosigkeit plagte ihn, und außer ihm waren ohnehin keine anderen Patienten mehr unterwegs. Nur noch wenige Tage würde er im Krankenhaus verweilen, dann konnte er endlich wieder nach Hause. Er konnte es gar nicht mehr abwarten. Die ganzen Untersuchungen hatten ihn viel Kraft gekostet. Er wollte sich noch ein Getränk besorgen, fand den Automaten aber nicht mehr. Er beschloss einfach in die Lobby zu gehen und dort eines zu holen. Er bestieg den Fahrstuhl und drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Dann ging die Fahrt los, doch etwas stimmte nicht. Der Lift hielt nicht im Erdgeschoss, sondern fuhr weiter. Yasui drückte den Knopf noch weitere Male, doch ohne Erfolg. Bald war er im untersten Geschoss angekommen und fluchte. Warum musste das Ding ausgerechnet bei ihm defekt sein? Zumindest war er nicht stecken geblieben. Er betätigte den Notschalter, doch dieser reagierte nicht. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als auszusteigen und jemanden zu fragen. Er fand sich in einem dunklen Gang wieder, er schien sich im untersten Kellerabteil zu befinden. Am Ende des Ganges erkannte er ein Licht und war froh, jemanden gefunden zu haben. Er erreichte eine Halle mit seltsamer Ausstattung. Sie war leer, und Yasui wunderte sich, was das hier sollte. Dann vernahm er ein Geräusch über sich. Er sah nach oben und erkannte Dinge, die von der Decke herabhingen. Yasui erinnerten sie irgendwie... an Kokons? Aber konnte das sein? Dann preschte etwas von oben auf ihn herab, und er verlor das Bewusstsein.

Als Shun nach Hause kam, war er erleichtert, dass seine Eltern immer noch nichts von Koemon mitbekommen hatten. Sie hätten ihm bestimmt nicht erlaubt, das Digimon im Haus zu behalten. Nein, sie hätten ihm nicht einmal erlaubt, ein DigiRitter zu sein. Aber hatten sie damit im Grunde nicht recht? War Shun den anderen wirklich eine Hilfe? Er und die anderen waren abwesend, als die Stadt angegriffen wurde. Und letztens, als Takeshi Hilfe brauchte, saß er in der Nachhilfe und konnte ihm auch nicht beistehen. War es dann nicht besser, wenn er Koemon und sein DigiVice an jemand anderen weitergab? Jemanden, der wusste, was er tat?

"Shun, wollen wir heute auf die Suche nach den Kugeln gehen?", wollte Koemon wissen.

Dieser musste aber verneinen.

"Nein, ich habe heute Nachhilfe. Zwar erst später, aber ich sollte mich vorbereiten."

Koemon war anzusehen, dass ihn das nicht gerade erfreute. Es stand zu 100% hinter der Sache, während Shun sich ihr nur hin und wieder widmen konnte.

Sein Handy klingelte, und er fischte es aus seiner Tasche. Es war eine Nummer, die er erst nicht erkannte. Dennoch ging er ran und meldete sich.

"Hallo, hier ist TK. Ich hoffe, ich habe die richtige Nummer erwischt. Spreche ich mit Shun?", wollte er wissen.

"Ja, am Apparat. Was gibt es?"

T.K ließ ihn nicht lange warten.

"Ich hatte mich gefragt, ob du dich heute mit mir treffen könntest. So in einer halben Stunde? Ich bin nicht weit von dir weg."

Dies überraschte den Jungen sichtlich. Erst wollte er ablehnen, immerhin hatte er heute noch Nachhilfe. Allerdings würde diese erst in ein paar Stunden stattfinden, also wäre gegen ein Treffen nichts zu sagen. Besonders wenn man bedachte, wie sehr sich die Älteren um ihn und die anderen bemühten, wäre es unfreundlich gewesen abzusagen. Also erklärte er sich einverstanden und sagte zu.

Als er auflegte, fragte Koemon, ob es mitkommen dürfte. Shun überlegte kurz. Er hätte T.K fragen können, ob er sein Digimon mitnehmen sollte. Also nahm er das erst mal an und packte Koemon in seinen Rucksack. Er machte sich fertig und schlenderte dann zur Haustür. Seine Mutter erinnerte ihn noch einmal daran, pünktlich zum Nachhilfeunterricht zu erscheinen, immerhin hätte er es nötig.

Shun versprach es ihr und verließ das Haus. Er hatte sich mit T.K in der Nähe des Parks verabredet. Kaum war er dort angekommen, ließ er seinen Blick schweifen. Er erkannte den älteren DigiRitter auf einer Parkbank sitzen und machte auf sich aufmerksam. Dieser erhob sich und schritt lächelnd auf Shun zu.

"Hey, danke, dass du die Zeit gefunden hast."

Shun meinte, dass es kein Problem sei. Allerdings erwähnte er auch seine Nachhilfe.

"Keine Sorge, ich habe so etwa zwei Stunden eingeplant", meinte T.K und gab Shun ein Zeichen, ihm zu folgen.

Erst zögerte Shun damit zu fragen, was genau dieser plante. Als sie jedoch vor einem hohen Gebäude ankamen, konnte er nicht anders.

"Ein Krankenhaus? Was wollen wir denn da?", fragte Shun.

T.K rieb sich verlegen am Kopf.

"Naja, du hast doch letztens von deiner Lernbehinderung erzählt. Und zufällig habe ich einen Freund, der Arzt ist. Ich dachte mir, dass eine zweite Meinung sicher nicht schlecht wäre."

Shun fiel aus allen Wolken. Meinte er das ernst?

"Moment mal! Ist ja nett, dass du dir solche Gedanken um mich machst. Aber das geht doch nicht so einfach. Und bezahlen könnte ich so jemanden auch nicht!", wand er ein.

Doch T.K winkte ab.

"Ach Unsinn, um Geld geht es doch gar nicht. Er ist sehr interessiert daran, dich zu sehen. Und ich versichere dir, dass er sehr gut in seinem Job ist. Sonst würde ich dir das hier nicht vorschlagen."

Shun nickte und folgte T.K in das Krankenhaus. Ihm war etwas mulmig zumute. Er stand nicht gerne im Mittelpunkt, auch wenn es schmeichelhaft war, dass T.K sich so viele Gedanken um ihn machte.

Dieser hatte sich gerade am Empfang angemeldet. Die Frau am Schalter teilte ihnen mit, dass sie gleich abgeholt werden würden. Dies war auch der Fall, und eine Krankenschwester brachte die beiden in ein Wartezimmer. Koemon beschwerte sich über die speziellen Gerüche an diesem Ort.

Es dauerte nur einige Minuten, dann trat ein Arzt in weißem Kittel in den Raum. Er und T.K schüttelten sich sofort die Hände.

"Vielen Dank, dass du dir extra Zeit nimmst. Ich schulde dir was."

Doch der Arzt winkte ab.

"Ach Quatsch. Ich bin inzwischen stellvertretender Chefarzt, ich darf so ziemlich machen, was ich will", schmunzelte er.

"Das ist Dr. Kido. Er ist der Freund, von dem ich gesprochen habe. Und außerdem der beste Arzt, den ich kenne", stellte T.K vor.

Dr. Kido legte ihm eine Hand auf die Schulter.

"Ich bin wahrscheinlich auch der Einzige, den du kennst, oder?"

T.K wand ein, dass es da noch seinen Zahnarzt gab, worauf beide lachen mussten.

Shun räusperte sich.

"Also... Kido-sensei? Ich weiß nicht, was Ihnen T.K erzählt hat, aber..."

Der Arzt griff in seinen Mantel und holte eine Akte hervor.

„Nur von deinem Problem. Ich habe mir deine Akte ausgedruckt und studiert. Da gibt es durchaus einige Dinge, die ich nachprüfen möchte.“

Shun staunte.

„Ähm... das haben Sie bereits? Wie sind Sie denn da rangekommen?“

Dr. Kido winkte mit der Akte.
 

„Ach, heutzutage sind wir in der Medizin super vernetzt. Ich musste nur angeben, dass ich dein behandelnder Arzt bin. Zugegeben, ich habe dich noch nicht um dein Einverständnis gebeten und muss dies nun nachholen. Du hast doch kein Problem mit mir?“, fragte er.

Shun schüttelte den Kopf. Was sollte er sonst tun? Er kannte den Arzt nicht, doch wenn er T.K Glauben schenken konnte, war er hier an der richtigen Adresse.

„Gut, dann lasse ich euch beide alleine. Ich muss noch arbeiten, aber du kannst dich ganz auf Joe, also Dr. Kido, verlassen“, sagte T.K noch einmal und verabschiedete sich.

Shun bedankte sich noch einmal, bevor der Arzt ihn bat, ihn zu begleiten. Die beiden suchten als nächstes sein Büro auf, wo sich der Junge setzte.

Zu seiner Überraschung waren sie nicht allein. Shun hatte es erst für ein Stofftier gehalten, doch dann schlich sich ein weißes, geflecktes Wesen an seinen Rucksack und untersuchte diesen genau. Koemon konnte nicht länger stillhalten und befreite sich. Gegenseitig musterten sich die beiden skeptisch.

„Sensei... Sie haben... auch ein Digimon?“, staunte Shun.

Joe lächelte mild. „Ja, auch wenn Gomamon stets Unsinn anstellt, wenn ich ihn mit ins Krankenhaus nehme.“

Das Digimon reagierte empört. „Na und? Wenn ich zu Hause bleibe, beschwerst du dich immer, dass ich zu viel fernsehe!“, rechtfertigte es sich.

Joe hielt ihm vor, dass dies immerhin die Wahrheit sei. Während die Digimon miteinander spielten, beantwortete Shun dem Arzt einige Fragen. Danach wollte er bei ihm ein EKG durchführen, und Shun begleitete Joe in einen der Behandlungsräume. Der Arzt schärfte den Digimon noch einmal ein, sich ruhig zu verhalten, was diese kleinlaut versprachen.

Shun kannte diese Prozedur bereits und verhielt sich währenddessen ganz still. 20 Minuten später saßen sie wieder im Büro, und Joe überprüfte die Ergebnisse. Shun wagte es nicht, ihn währenddessen zu unterbrechen.

Schließlich sah Joe zu dem Jungen auf. „Ah ja, das habe ich mir gedacht. Ich denke, dein Arzt hat das falsche Medikament empfohlen. Für Personen jüngeren Alters ist es in Ordnung, aber bist du inzwischen bereits Mittelschüler, richtig? Ich würde deinem Hausarzt gerne ein anderes vorschlagen.“

Shun nickte. „Wenn Sie das für richtig halten“, fiel ihm nichts Besseres ein.

Joe war von seinem Vorschlag jedoch überzeugt und reichte dem Jungen seine Visitenkarte. Sie machten aus, dass sich der Junge in einigen Wochen noch einmal melden sollte, nachdem das Medikament erste Wirkungen zeigte.

Shun dankte Joe vielmals, und mit Koemon im Gepäck verließ er das Büro wieder. Draußen, als er sich gerade verabschieden wollte, wurde Joe von einer Schwester angesprochen.

„Was? Sind Sie ganz sicher? Ein weiterer Patient ist verschwunden?“, flüsterte sie ihm zu.

Die Frau nickte. „Ja, ich glaube auch nicht, dass sie einfach gegangen sind, ohne sich abzumelden. Vor allem, weil ihre Kleidung noch in ihren Zimmern ist. Sollten wir die Polizei nochmal herholen?“

Joe überlegte angestrengt. „Uns wird wohl nichts übrig bleiben. Bitte kümmern Sie sich darum.“

Der Arzt wandte sich an Shun und entschuldigte sich. „Wie du siehst, haben wir hier immer eine Menge zu tun. Wir haben ja alles Nötige vereinbart. Du findest allein raus, ja?“, sagte er noch und machte sich dann auf zu gehen.

Shun hatte Verständnis dafür und schritt zur Treppe. Während er noch über alles nachdachte, steuerte er auf den Ausgang zu und trat ins Freie. Dort wurde er jedoch von einem bekannten Gesicht überrascht. Es war jemand, den er bereits seit Jahren kannte. Nein, mit dem er sogar in eine Klasse ging.

„Shun? Was machst du denn hier?“, fragte Takeshi überrascht. Der Junge war selbst daran gewesen, diese Frage zu stellen.

„Im Krankenhaus? Lange Geschichte. Aber was willst du hier?“

Takeshi druckste etwas herum. Dann deutete er auf seinen Rucksack. „Rurimon hat eine neue Kugel geortet. Sie ist ganz in der Nähe, er vermutet sie im Krankenhaus.“

Shun verstand. Scheinbar würde er hier erstmal doch noch bleiben. Dann fiel ihm jedoch etwas Wichtiges ein.

„Ok, kannst du alleine übernehmen? Ich habe gleich Nachhilfe, meine Eltern ticken aus, wenn ich da nicht aufkreuze.“

Takeshi kannte seinen Freund und hatte deswegen Verständnis dafür.

„Klar, Prismamon geht es schon viel besser. Wir kriegen das hin“, versicherte er.

Die beiden verabredeten sich später zu telefonieren, dann huschte sein Freund bereits an ihm vorbei.

Shun beschleunigte seinen Schritt. Er war bereits einige Meter gegangen, da meldete sich Koemon in einem Rucksack.

„Hey, ist das wirklich in Ordnung? Es ist unsere Mission, die Kugeln einzusammeln. Sollten wir Takeshi und Prismamon da nicht unterstützen?“

Sein Partner knirschte mit den Zähnen. „Ich habe eben keine Zeit! Verstehst du das nicht? Ich kann mich nicht immer um eure Probleme kümmern!“, schnauzte er ihn an und beschleunigte sein Tempo.

Koemon wagte es nicht, ihm zu widersprechen. Es stimmte, es forderte zu viel von dem Menschen. Shun wurde in diesen Konflikt hineingezogen. Er half nur aus Freundschaft.

Takeshi versuchte sich zu orientieren. Ein Krankenhaus beinhaltete eine Menge Räume; sie konnten sie unmöglich alle absuchen.

„Hey, kannst du sagen, wo genau sich die Kugel befindet?“, raunte er nach hinten.

Rurimon und Prismamon, die sich in seinem Rucksack aneinander schmiegten, hatten es alles andere als bequem.

„Ich spüre.... die Kraft unter uns!“, sagte es dann.

Unter uns bedeutete also im Keller. Takeshi suchte eine Treppe oder einen Fahrstuhl. Letzteren hatte er schnell gefunden und betrat ihn. Er betätigte den untersten Knopf, auch wenn es Besuchern sicher nicht erlaubt war, dieses Stockwerk zu betreten. Doch dies war ein Ausnahmefall; sie mussten einen wichtigen Gegenstand sicherstellen.

Bald waren sie unten angekommen und stiegen aus. Doch der Gang, in dem sie landeten, war nach wenigen Metern zu Ende. Hier schienen nur Gerätschaften gelagert zu werden. Doch Rurimon strampelte in seinem Rucksack, woraufhin er es zusammen mit Prismamons ins Freie ließ.

„Ich spüre hier eine Barriere! Erschaffen von einem Digimon!“, sprach der kleine Drache dann.

Takeshi staunte.

„Eine Barriere? Also so etwas wie ein Schutzschild?“

„Kannst du sie aufbrechen?“, wollte Prismamon wissen.

Rurimon öffnete seine Tasche und holte sein Buch heraus. Er blätterte durch die Seiten, bis er scheinbar an der richtigen Stelle angekommen war. Er hob den Finger seiner Klaue hoch, an welchem sich eine kleine Flamme zeigte. Er hielt sie gegen die Wand, welche auf wundersame Weise verschwand. Dahinter wurde ein weiterer Gang sichtbar.

Alle nickten einander zu und wagten sich dann voran. Bald waren sie in einer Halle angekommen, die zumindest auf den ersten Blick leer wirkte. Prismamon war der erste, der ihn darauf aufmerksam machte und nach oben zeigte.

Takeshi erkannte mehrere Kokons von der Decke herab hängen. Dann ging alles sehr schnell. Eine Art Netz wurde auf Prismamon und Rurimon geworfen, das sie einhüllte und nach oben zog.

Takeshi wollte reagieren und sein DigiVice benutzen. Doch er war nicht schnell genug. Fäden trafen seinen Arm und wickelten sich dann um den Rest seines Körpers. Bald war er komplett eingehüllt und ebenfalls in einen Kokon gewickelt. Er zappelte und versuchte sich zu wehren, doch da wurde er bereits nach oben gezogen.
 

Shun studierte die Uhrzeit auf seinem Handy und stellte fest, dass er sich beeilen musste, wenn er nicht zu spät zur Nachhilfe kommen wollte. Da er sich doch etwas schäbig fühlte, Takeshi allein mit der Sache gelassen zu haben, beschloss er, diesen im Gehen noch einmal anzurufen und sich nach dem aktuellen Stand zu erkundigen.

Es klingelte, doch sein Freund ging nicht ran. Shun wartete und wartete, dann legte er auf. Es war sicher nichts, Takeshi war sicher nur beschäftigt. Aber wenn er doch nur nach dieser Kugel suchte, hätte er dann nicht Zeit, ans Handy zu gehen?

Shun wurde mulmig zumute. Was, wenn etwas passiert war? Letztes Mal war Takeshi in eine Falle gelaufen, als er nach einer dieser Kugeln gesucht hatte. Es war unwahrscheinlich, dass sich dies einfach so wiederholte. Doch konnte man auch nie sicher sein. Was sollte Shun also unternehmen? Er musste zur Nachhilfe. Sollte er Tsubasa verständigen? Oder einen der älteren DigiRitter? Aber diese würden ewig brauchen, um das Krankenhaus zu erreichen. Shun hingegen musste einfach nur zurücklaufen. Doch dann konnte er seinen Nachhilfeunterricht vergessen. Seine Eltern wären alles andere als begeistert.

Wenn es jedoch um die Sicherheit seines Freundes ging, konnte die Entscheidung nur wie folgt lauten.

"Koemon, wir gehen zurück. Mach dich bereit, falls wir wieder auf ein Digimon treffen", sagte er seinem Freund.

Dieser verstand und holte seine Steinschleuder hervor. Shun rannte los und brauchte nur wenige Minuten, bis er wieder vor dem Krankenhaus stand. Er trat ein und erkundigte sich beim Empfang, ob dieses vielleicht seinen Freund gesehen hatte. Dies war zum Glück tatsächlich der Fall. Ein Junge, auf den Takeshis Beschreibung passte, war in den Fahrstuhl gestiegen. Shun bedankte sich und trat ebenfalls in den Lift. Doch wohin hatte es seinen Freund verschlagen?

"Shun, wenn ich ein Digimon wäre, würde ich mich im Keller verstecken. So würde ich den vielen Menschen hier entgehen", kam es von Koemon.

Der Junge hielt den Vorschlag für sinnvoll und betätigte den Knopf für das unterste Geschoss. Schon ging die Fahrt los und es ging nach unten. Als die Tür aufging, schlug ihnen Dunkelheit entgegen. Shun ließ Koemon heraus und gemeinsam wagten sie die ersten Schritte.

"Shun! Sieh mal da vorne!", machte ihn das Digimon auf etwas aufmerksam. Sie erkannten ein großes Loch in der Wand, das definitiv nicht natürlich war. Sie zwängten sich durch und erreichten am Ende eine geräumige Halle. Sie hatten gerade die Mitte erreicht, als eine Warnung seitens Koemon erfolgte.

"Shun, zur Seite!", rief es, doch der Junge konnte kaum reagieren.

Koemon ergriff seine Steinschleuder und feuerte ein Geschoss ab. Shun sah nach oben und beobachtete, wie ein Konstrukt aus Fäden in Flammen aufging. Schnell ging er in Deckung und versuchte, sich der Situation bewusst zu werden. Über ihm an der Decke hingen mehrere Kokons, als hätten sich mehrere Raupen verpuppt und seien dabei, sich in Schmetterlinge zu verwandeln.

"He he hehe. Schon verrückt, wie viele von euch Menschen sich inzwischen zu mir hinunter verirren. Und Digimon sind sogar auch einige dabei", erklang eine Stimme von oben.

Shun versuchte, die Quelle der Stimme ausfindig zu machen. Sie kam ebenfalls von oben. Dort löste sich nun ein Schatten, und etwas schwang nach unten. Der DigiRitter erkannte einen großen, roten Tausendfüßler. Das Beängstigende war, dass seine Füße Klingen waren.

"Bist du hierfür verantwortlich? Und was ist mit meinem Freund?", warf Shun ihm entgegen.

Der Tausendfüßler lachte.

"Ich bin Katabiramon, ein treuer Diener des Digimon-Königs. Und dein Freund schlummert hier oben bei mir. Eigentlich sollte ich nur diese Kugel zu meinem Meister bringen. Aber ich nutze die Chance, um noch ein paar Menschen zu verschlingen."

Shun ballte die Fäuste.

"Du glaubst ernsthaft, dass ich das zulasse? Koemon, bist du bereit?"

Der kleine Affe nickte und wartete darauf, dass sein Partner das DigiVice aktivierte.

"Koemon digitiert zuuuu.... Lianpumon!"

In dieser Form war es ihm möglich zu schweben. Es nahm diese Chance wahr und war bald auf Augenhöhe mit Katabiramon.

"Lass alle Menschen frei, oder trage den Preis!", warnte Lianpumon ihn.

Doch der Gegner schien nicht daran zu denken. Er griff mit seinen Klingen an, doch Lianpumon wich geschickt aus. Es wechselte nun die Maske, was ihm erlaubte, Wind-Attacken einzusetzen. Es wehte die Kokons durcheinander, welche den Halt verloren. Bevor sie zu Boden stürzen konnten, fing es jeden davon auf und platzierte sie langsam auf dem Untergrund.

Katabiramon nutzte den Moment der Ablenkung und schoss seine Fäden auf den Eidringling, erwischte Lianpumon voll. Dieser war von klebrigen Fäden umgeben, aus denen es sich nicht allein befreien konnte. Katabiramon zog es hoch und wetzte seine Klingen.

Shun konnte nur hilflos zusehen.

"Du musst dich befreien! Komm schon!", rief er.

Doch der Erfolg blieb aus. Der Tausendfüßler lachte und wollte Lianpumon bereits verschlingen.

"Harpune!", erklang plötzlich ein Geschoss, das Katabiramon traf und nach hinten warf. Jedoch ließ es den Kokon mit Lianpumon dabei nicht los. Shun drehte sich um und erkannte... ein großes Wahlross? Zuerst dachte er an einen weiteren Gegner, dann erkannte er Dr. Kido dahinter hervorkommen.

"Dachte ich es mir! Ein Digimon steckt also dahinter", kommentierte er.

Shun nickte.

"Ja, er hat Lianpumon in seinem Kokon gefangen! Es kann sich nicht befreien!", beklagte er.

Der Arzt wirkte ernst.

"Nein, ich bin sicher, dass dein Partner dazu im Stande ist. Du musst nur an ihn glauben."

Shun sah zur Seite. Das war leichter gesagt als getan. Klar, sein Partner war stark, aber was konnte er selbst dazu beitragen? Er war es immerhin nicht. Er war weder gut im Lernen, noch im Kämpfen. Das war die traurige Realität.

Katabiramon näherte sich nun mit seinen Klingen dem Gefangenen, der immer noch hilflos strampelte.

Shun hätte sich ohrfeigen können. Wieso dachte er in dieser Situation wieder nur an sich? Sein Partner war derjenige, der gerade Hilfe brauchte.

"Hey, Kumpel! Ich glaube an dich, hörst du? Mach ihn gefälligst fertig, ja?", feuerte er seinen Freund an.

Das Digimon schien neue Kraft zu schöpfen. Und es begann plötzlich zu leuchten. Shun und Joe sahen zu, wie es sich zu verformen begann.

"Lianpumon Ultra-Digitation zuuuu.... Xingtianmon!"

Wie aus dem Nichts erschien eine große Axt in der Hand des Digimon, mit der es den Kokon in zwei teilte und sich davon befreite. Seine Masken hatte es verloren, dafür schien sein gesamter Oberkörper aus einer grausigen Maske zu bestehen. Auch die Fähigkeit zu schweben hatte es verloren, was jedoch kein Problem darstellte. Es konnte sich leicht an den Wänden abstützen und war immer noch so wendig wie zuvor.

Katabiramon nahm die Verfolgung auf und kreuzte die Klingen mit Xingtianmon. Dessen Axt war jedoch wesentlich größer und ähnelte dem Gesicht eines Onis. Es schleuderte den Tausendfüßler zurück. Dieser sprühte erneut seine Fäden, war aber zu langsam.

"Donnergebrüll!", ließ es einen Blitzschwall aus seinem Maul schießen, der Katabiramon traf und eine Explosion verursachte. Das feindliche Digimon löste sich in Daten auf, und die Gefahr war gebannt. Shuns Partner landete auf dem Boden, während sich Joe um die Kokons kümmerte.

"Wir müssen sie unbedingt davon befreien!", sagte er, und Shun nickte seinem Partner zu.

Mit dessen Axt konnte er, zum Glück behutsam, alle Kokons aufschneiden und die Menschen darin befreien. Takeshi, Prismamon und Rurimon waren die letzten. Joe wies Shun an, Hilfe zu holen. Dieser wandte ein, dass es schwierig war, die Situation hier unten zu erklären, doch davon wollte der Arzt nichts wissen. Für ihn hatten die Patienten eindeutig Vorrang.

Eine Stunde später saß Takeshi in einem Behandlungsraum, was dieser jedoch völlig übertrieben fand. Er war nicht verletzt und wollte Joe nicht länger in Beschlag nehmen. Dieser versicherte jedoch, dass seine Kollegen sich um die Patienten kümmerten, die sie von unten nach oben transportiert hatten. Einige von ihnen waren etwas dehydriert, aber ansonsten würden sie sich wieder erholen.

Koemon und Gomamon saßen daneben, aneinandergekuschelt. Shun versorgte sie gerade mit Leckerlis. Besonders Koemon hatte sie sich verdient. Seine Entwicklung wirkte wirklich angsteinflößend, aber auch sehr cool. Sie hatten sie zusammen durchgemacht, und Shun schätzte seinen Freund inzwischen als Partner nur umso mehr.

Rurimon hatte inzwischen die blaue Kugel an sich genommen, die sie in einem der Kokons sichergestellt hatten. Er öffnete sein Buch, welches die Kugel sofort absorbierte und in sich aufnahm. Shun vermutete, dass sie damit erstmal in Sicherheit war.

"Ich bin euch zu Dank verpflichtet. Ohne euch hätte dieses Digimon bestimmt noch mehr Menschen entführt", kam es von Joe.

Shon wehrte ab.

"Nein, ich bin sicher, Sie hätten es auch ohne uns geschafft."

Takeshi musste ihm innerlich rechtgeben. Wenn er daran dachte, wie kompetent Davis und Ken an den letzten Kampf herangegangen waren, war er sich sicher, dass Joe den Feind auch selbst erledigt hätte.

"Danke, aber meine Aufgabe ist es inzwischen, mich um Verletzte und Kranke zu kümmern. Darum bin ich Arzt geworden", sagte er zuversichtlich.

Wenig später verabschiedeten sich Takeshi und Shun und traten den Heimweg an.

"Hey, du hast deine Nachhilfe verpasst, oder? Soll ich dich nach Hause begleiten, damit deine Eltern nicht so ausrasten?", schlug der Junge vor.

Shun schüttelte den Kopf. Er war zwar dankbar für den Vorschlag, doch er wollte Takeshi nicht in seine Angelegenheiten hineinziehen. Sie verabredeten sich auf morgen in der Schule, dann trennten sie sich.

Shun war etwas mulmig zumute, als er sein Haus betrat. Zu seinem Leidwesen waren nicht nur seine Mutter, sondern auch sein Vater anwesend. Er beschloss, die Belehrung schnell hinter sich zu bringen und suchte sie direkt auf.

"Ah, Shun, wir haben bereits davon erfahren", sagte sein Vater.

Der Junge wirkte etwas verdutzt.

"Erfahren? Was denn?"

Seine Mutter bereitete gerade das Essen zu.

"Dr. Kido hat angerufen. Er hat sich entschuldigt, dass du wegen ihm die Nachhilfe verpasst hast. Aber er klang sehr zuversichtlich bezüglich der neuen Medikamente. Wenn sie wirklich helfen, werden sich deine Noten bestimmt verbessern."

Sein Vater stimmte ihr zu.

"Du hättest uns gleich Bescheid sagen können. Wir hoffen natürlich das Beste. Schließlich denken wir nur an deine Zukunft."

Shun nickte nun verstehend. Joe hatte sich also für ihn eingesetzt. Der Junge verspürte eine tiefe Dankbarkeit.

Beim Essen wich er allen Fragen aus, die verraten hätten, warum er die Nachhilfe wirklich hatte ausfallen lassen müssen. Danach zog er sich in sein Zimmer zurück und streichelte Koemon über den Kopf.

"Sag mal... was hältst du davon, wenn wir morgen etwas Spaßiges unternehmen? Wir könnten ein Spiel spielen", schlug er vor.

Koemon wunderte sich etwas, dann grinste es.

„Ja, ich möchte noch eine Menge mit dir zusammen unternehmen!“, stand für es fest.



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